Gleich nach Beendigung des Krieges, im Mai 1945, löste sich die zwangsweise gebildete Herdorfer Volkskapelle wieder auf. Die in der Zeit ihres Bestehens angeschafften Instrumente wurden zu gleichen Teilen von der Bollnbacher Bergkapelle und dem Herdorfer Musikverein übernommen. Aloys Stinner, fast 80jährig, stellte sich wieder als Kapellmeister zur Verfügung. Es war ein sehr bescheidener Anfang. Vier Musikkollegen, Anton Hölper, Karl Käppel, Heinrich Jakobs und Josef Kötting waren gefallen und mehrere befanden sich noch in Kriegsgefangenschaft. Es war ein großer Verdienst von Franz Krah, dass die Kapelle sich verhältnismäßig schnell wieder erholte. Mit etwa 10 bis 12 zum Teil noch schulpfl ichtigen Burschen hatte er mehrere Jahre sonntags in seiner Küche geprobt.
Es ist verständlich, dass die Musik dieser Jungen mehr laut als schön war. Es wurde erzählt, dass ein Nachbar sich mit dem Gedanken getragen habe, sein Haus zu verkaufen. Am 27. Juni 1948 feierte die Kapelle im Vereinslokal ihr 60jähriges Bestehen. Franz Krah hielt die Festrede und konnte u.a. Amtsbürgermeister Meyer-Delfendal aus Daaden (bis 1955 gehörte die Gemeinde Herdorf zum Amt Daaden), Pfarrer Josef Neunzig, Ortsbürgermeister Franz Löb sowie die drei noch lebenden Mitbegründer Aloys Stinner, Paulus Stinner und Wilhelm Erner begrüßen. August Gerhardus hatte kurz vorher von dem erkrankten Aloys Stinner den Taktstock übernommen. Die von Franz Krah ausgebildeten Jungen traten bei der Feier zum erstenmal öffentlich auf mit der Hymne Die Himmel rühmen.
Der Amtsbürgermeister rügte in seiner Ansprache, dass die Kapelle so kurz nach dem Krieg schon wieder Märsche spielte. Am folgenden Tag veranstaltete die Kapelle zusammen mit dem Männergesangverein ein Konzert und am Montag war eine Familienfeier mit echtem Bohnenkaffee, Kuchen, gutem Bier und sogar Schnaps. Das waren seit 1939 in Herdorf fast unbekannte Genüsse, welche von den in Amerika lebenden Musikkollegen Richard Panthel, August Stinner und Josef Latsch gestiftet worden waren.
In der folgenden Zeit kam es in der Kapelle häufi g zu Auseinandersetzungen. Seit dem Rücktritt des alten Meisters Aloys Stinner fehlte der starke Arm und die von allen anerkannte Autorität, welche wohl in jedem Verein vorhanden sein muss. Freunde und Gönner der Kapelle wurden immer weniger. In einer Versammlung wurde dieser Zustand besprochen und Franz Krah machte den Vorschlag, Herrn Hüttendirektor Heinz Berndt zu bitten, das Protektorat über die Kapelle zu übernehmen und den Namen der Kapelle in Bollnbacher Berg- und Hüttenkapelle abzuändern. Dieser Vorschlag wurde von den Mitgliedern einstimmig angenommen. Zur allgemeinen Freude erklärte Herr Direktor Berndt sich bereit, den Vorsitz der Kapelle zu übernehmen und am 24. Oktober 1948 bestätigte er, anlässlich einer Generalversammlung, seinen Entschluss.
Durch Herrn Assessor Walther, dem späteren ersten Bürgermeister der amtsfreien Großgemeinde Herdorf, wurden neue Vereinsstatuten aufgestellt. Im Sommer 1953 wurde von mehreren Musikern der beiden Herdorfer Kapellen der Vorschlag gemacht, die Bollnbacher Berg- und Hüttenkapelle und den Musikverein aufzulösen, um aus den besten Musikern der beiden Vereine eine etwa 35 Mann starke Kapelle zu bilden. Nach mehreren Vorbesprechungen fand im Bergmannskeller eine gemeinsame Versammlung statt. Dieselbe brachte jedoch kein endgültiges Ergebnis, weil bei der Abstimmung die 2/3 Mehrheit, die zur Auflösung der Bollnbacher Berg- und Hüttenkapelle erforderlich war, nicht zustande kam. Der Vorschlag für ein probeweises Zusammenarbeiten für 1 Jahr wurde zwar von der Versammlung angenommen, aber nicht verwirklicht.
Seit dem Rücktritt des alten Kapellmeister Aloys Stinner haben August Gerhardus, Willi Stinner, Walter Ückerseifer und Theo Stinner als Kapellmeister fungiert. Im Herbst 1952 wurde der Musikkollege Paul Bittner zum Kapellmeister gewählt. Mit seiner Berufung hatte der Verein eine glückliche Wahl getroffen. Paul Bittner verstand es, seine musikalischen Fähigkeiten, die er durch eine Ausbildung an einer Musikschule erworben hatte, ganz in den Dienst des Orchesters zu stellen. In intensiver Probenarbeit wurde unter seiner Leitung vor allem konzertante Blasmusik gepflegt. So konnte im Laufe der Zeit ein anspruchsvolles Repertoire erarbeitet werden, was zur Folge hatte, dass die Kapelle als Konzertorchester zu hohem Ansehen kam.